Friede auf Erden
Samstag, 10. Dezember 2022, 19 Uhr
KulturRaum Zwingli-Kirche
Sonntag, 11. Dezember 2022, 17 Uhr
Kirche auf dem Tempelhofer Feld
Kronenchor Friedrichstadt
unter der Leitung von Martin Meyer
und mit
Julia Hebecker, Flöte,
Jakob Spangenberg, Oboe
Olivia Palmer-Baker, Fagott
„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden“ – spricht der Engel im Weihnachtsevangelium zu den Hirten.
Diese Botschaft der Engel zum bevorstehenden Weihnachtfest – in einem Kriegsjahr in Europa – mag befremden. Bleibt der Friede auf Erden eine Utopie? Wir haben uns auf die Suche nach dem Sinn dieser Botschaft begeben.
So schien es dem Kronenchor nicht stimmig, ausschließlich den Klang der traditionellen, lieblich-süßen Vertonungen in das Adventsprogramm aufzunehmen, sondern auch die zum Teil verborgenen Facetten der weihnachtlich-friedensvollen Verkündigung. Maria, die zuerst die Botschaft der Weihnacht erfährt, steht im Mittelpunkt des Programms, dessen musikalischer Bogen sich von der Engels-Musik der Renaissance über Friedensgesänge des Barock bis zur zeitgenössischen Auslegung der adventlich-weihnachtlichen Musik spannt.
Mit einem fanfarenhaft-beschwingten Puer natus des Barockkomponisten Samuel Scheidt ist die Tür in das Programm gleich weit aufgestoßen. Der Ruf der Weihnachtsengel „Ehre sei Gott in der Höhe“ – Gloria in excelsis Deo erklingt darauf in einer erneut festlichen-detailreichen Motette des englischen Komponisten Thomas Weelkes, in welcher er kühn die Einsätze der Chorstimmen durcheinander streut.
Das dritte Stück in einer Moll-Tonart bewegt die Herzen. Es erzählt von Maria, die mit dem Kind unter ihrem Herzen den erstorben-geglaubten Dornwald zu neuem Blühen bringt. Diese Interpretation des Jahrhunderte alten Maria durch ein Dornwald ging aus dem 16. Jahrhundert ist erst wenige Jahre jung.
Maria von Nazareth, die Mutter Jesu, besingt auch das farbenreiche Vokalwerk Francis Poulencs Salve Regina. Es scheint verwandt mit der Dornwald-Vertonung; doch schon bald wird die Klangsprache freier, suchender, schmerzvoll und trostvoll zugleich.
Tröstet mein Volk ist Teil der Sammlung der Geistlichen Chormusik, die Heinrich Schütz im Jahre 1648 zusammenstellte, als der Dreißigjährige Krieg zu Ende ging. Ein Friedensjahr. Diesem Friedensanliegen entspricht der Text von Jesaja aus der hebräischen Bibel vom freien Volk Jerusalem, dessen Ritterschaft ein Ende hat und vor dem alles einst hügelige nun eben und gerade da liegt.
Ein Volk in Frieden, das ist ein herrlich Volk. Dieser Text aus dem 5. Buch der Tora und dem Alten Testament inspirierte 1888 den Hamburger Johannes Brahms in seinen Fest- und Gedenksprüchen zur 8-stimmigen Motette Wo ist ein so herrlich Volk. Diese auch klanglich Geborgenheit schenkende Erinnerung soll nicht vergessen, sondern bewahrt und den Kindeskindern kundgetan werden.
Das darauf folgende Gloria (Gabriels Message) von Jonathan Rathbone ist ein enthusiastischer Gesang voller Vitalität. Geschildert wird die Einkehr des Engel Gabriels bei Maria und vermittelt ihr, dass sie selbst die Mutter ihres Gottes werden soll.
Den sogenannten englischen Gruß, mit dem der Engel Gabriel bei Maria eintritt, hat auch der russische Pianist Sergei Rachmaninov vertont. Intim und innig, ein tönendes Gebet. Er wählte dafür das Kirchenslawisch als Sprache. Diese Liturgie- und Literatursprache verbindet die slawisch-sprachigen Gebiete seit mehr als tausend Jahren. In dieser Sprache bewahrten auch die Ukraine und Russland über Jahrhunderte die wertvolle Überlieferung und inspirierten gegenseitig mit kreativen Impulsen zum gemeinsamen Bitten und Beten.
Die deutsch-sprachige Vertonung Gegrüsset seist du, Maria ist ein Stil-Mix unterschiedlicher Kompositionsschulen und wechselt raffiniert zwischen Phasen strengeren Satzes und Passagen, die einen intensiven Gefühlsausdruck transportieren.
Das Magnificat ist einer der erstaunlichen Texte aus dem Lukas-Evangelium. Maria, die diesen Lobgesang anstimmt, spricht in den von Palestrina lateinisch vertonten Worten die Vision ihres Herrn aus, eines barmherzigen Gottes, der auf die Niedrigen schaut und die Mächtigen von ihren Thronen stürzt. Palestrina sieht zwei Chorgruppen vor, die einander immer wieder ablösen und in besonders intensiven Passagen zu einer Einheit werden.
Die vorweihnachtliche Kantate des schwedischen Komponisten Anders Öhrwall Gaudete – Freut euch bildet den Abschluss des Konzertes. Das festliche Stück, komponiert für den Jugendchor des Schwedischen Rundfunks, stellt in einer rhythmisch-harmonisch frischen Fassung bekannte Melodien aus der skandinavischen Liedersammlung Piae cantiones von 1528 vor und nimmt so Gedanken des Konzertprogrammes auf.
Samuel Scheidt (1587–1654)
Puer natus in Bethlehem
Thomas Weelkes (1576–1623)
Gloria in excelsis Deo
Ludwig Böhme (*1979)
Maria durch ein Dornwald ging
Antonio Vivaldi (1678–1741)
Concerto in g-Moll, RV 103, Largo
Heinrich Schütz (1585–1672)
Tröstet mein Volk
Francis Poulenc (1899–1963)
Salve Regina
Jonathan Rathbone (*1957)
Gabriel’s Message (The Angel Gabriel)
Wolfgang M. Rengier (1943–2003)
Gegrüßet seist du, Maria
Joseph Haydn (1732–1809)
Londoner Trio Nr. 1 in C-Dur, Hob.IV
Andante und Vivace
Sergei Rachmaninov (1873–1945)
Bogoroditse Devo
Johannes Brahms (1833–1897)
Wo ist ein so herrlich Volk
Giovanni Palestrina (1525–1594)
Magnificat primi toni für acht Stimmen
Anders Öhrwall (1932–2012)
1. Gaudete
2. Sinfonia
3. In dulci jubilo
4. Es ist ein Ros entsprungen
4.b) Alle Welt erfreuet sich (Omnis mundus)
5. Und das Wort ist Fleisch geworden (Verbum caro factum est)
6. Gloria in excelsis Deo
7. Tag an Glanz und Freuden groß (Dies est laeticiae)
8. Freudenvoll (Psallite)
9. Seht welch Freude hier nun ist (Ecce novum gaudium)
10. Singen wir mit Fröhlichkeit (Resonet in laudibus)
Das 52. Projekt des Kronenchores