Exequien



Mitgewirkt haben bei diesem Programm folgende InstrumentalsolistInnen:
Niklas Trysedt (Viola da Gamba)
Frank Pschichholz (Laute)
Waltraud Gumz (Violone)
Arno Schneider (Continuo)


Das im folgenden beschriebene Programm wurde in den Konzerten am 9. und 10. März 2002 aufgeführt. Die Musikalischen Exequien von H. Schütz wurden zusätzlich am Karfreitag in der Hohenzollern-Kirche und am 28. April 2002 im Kammermusiksaal der Philharmonie aufgeführt.


Hier das Programm:


Heinrich Schütz
(1585 – 1672)
Musikalische Exequien
Concert in Form einer teutschen Begräbnis-Missa
Motette “Herr, wenn ich nur dich habe”
Canticum Simeonis

Leonhard Lechner
(1553 – 1606)
Deutsche Sprüche von Leben und Tod

Zvi Avni
(*1927)
Wind von Westen

Heinrich Schütz (geb.1585 bei Gera, gest. 1672 in Dresden), bedeutender deutscher Barockkomponist, steht in der Tradition protestantischer Kirchenmusik. Wesentliche musikalische Impulse jedoch erhielt er in Italien durch G. Gabrieli und C. Monteverdi. In seinen Werken verbindet er die damals übliche Kontrapunktik mit dem neuen konzertanten Stil (Generalbass, Mehrchörigkeit). Die musikalische Ausdeutung des geistlichen Textes und die expressive Darstellung seiner Bilder und Affekte stehen im Mittelpunkt seiner Kompositionen.

Schütz´ Leben war geprägt durch den 30-jährigen Krieg mit seinem Elend und materiellen Nöten, die zeitweise seine Arbeit als Dresdner Kapellmeister unmöglich machten. Den frühen Tod vieler Familienmitglieder musste Schütz ebenfalls miterleben. Auch vor diesem Hintergrund sind die Musikalischen Exequien op.7 (lateinisch exsequiae: Leichenbegräbnis) zu sehen. Sie entstanden als Kirchenmusik zur Begräbnisfeier des Grafen Heinrich Posthumus von Reuß (1572 – 1635) und erklangen anlässlich dessen Beisetzung erstmals am 4. Februar 1636 in Gera.
Posthumus von Reuß

Bereits etwa ein Jahr vor seinem Tod hatte der Graf umfangreiche Vorbereitungen für seine Bestattung getroffen. Er ließ sich einen Sarg anfertigen, der mit von ihm auserwählten Bibelversen und Kirchenliedstrophen geschmückt wurde. Ferner bestimmte der Graf, dass diese um Tod, Vergänglichkeit, Auferstehung und das ewige Leben rankenden Sarg-Texte nebst anderer Zitate in musikalische Form gefasst zu seinem Begräbnis erklingen sollten.
Nach dem Tod des Grafen wurde Heinrich Schütz (1585 – 1672) mit der Komposition der Begräbnismusik über die ausgewählten – insgesamt 22 – Textbestandteile betraut. Dem Grafen Heinrich war der Kirchenmusiker – wenngleich zu diesem Zeitpunkt Dresdner Hofkapellmeister – nicht nur als geborenes reußisches Landeskind sondern seit spätestens 1617 als musikalischer Berater und wohl auch persönlich verbunden. Ergebnis des Auftrages war ein Werk, das als eines der künstlerisch souveränsten und in ihrem Aussagegehalt tiefinnigsten Schöpfungen des Komponisten gilt, gerade hier zeigt er sich wo kaum sonst als hervorragender und tiefgläubiger “musikalischer Prediger”.
Um der vorgegebenen Textvielfalt und auch von daher anspruchsvollen Aufgabe begegnen zu können, goss Schütz die Worte in einen musikalisch formalen Rahmen und gliederte sein Werk hierzu in drei Teile.

Heinrich Schütz
Der erste Teil, beginnend mit “Nakket bin ich von Mutterleibe kommen, nakket werde ich wiederum dahinfahren”, vertont die Sarg-Texte in Form einer aus Kyrie und Gloria bestehenden lutherischen Kurzmesse. Spruch und Lied wechseln einander ab. Stützpfeiler der musikalischen Architektur sind die Choralstrophen, denen jeweils ein bzw. drei Bibelworte vorangehen.
Während der Komponist die Bibelworte im Stil des generalbassbegleitenden Konzertes für wenige (Solo-) Singstimmen vertont, bearbeitet er die Choräle für ein volles sechstimmiges Ensemble. Um den Unterschied zwischen Choral und Bibelwort deutlicher herauszustellen, empfiehlt die Partitur für die Choralstrophen eine stärkere Besetzung (“Capella”).
Teil II besteht aus einer achtstimmigen Motette in doppelchöriger Schreibweise. Diese Motette folgte der Leichenpredigt und greift deren sinnhaltiges Thema auf: “Herr, wenn ich nur dich habe”.
Teil III vertont das Canticum Simeonis. Auf Grund seiner liturgischen Bedeutung gehört das “Canticum Simeonis” zu den in der Geschichte der Kirchenmusik besonders häufig komponierten Texten, allein Schütz hat sich ihm drei weitere Male gewidmet.
Außerordentlich ist die Fassung des Canticum in den musikalischen Exequien aber deshalb, weil Schütz es mit dem Textzusatz: “Selig sind die Toten” erweitert hat. Auch hier vertieft der Komponist die Aussage und Wirkung der Texte mit einer unterschiedlichen Besetzung. Das “Selig sind die Toten” wird von einer Gruppe von drei Sängern (Chor 2) vorgetragen. Ein hoher Bass steht für die “Beata anima” des Verstorbenen, zwei Seraphime – besetzt durch zwei Sopranstimmen – geleiten die Seele zum Himmel. Um die Illusion des Aufsteigens und Entschwebens zu erwecken, empfiehlt Schütz, den Teilchor der Seraphime zu verstärken und je nach den örtlichen Bedingungen des Konzert- bzw. Kirchenraumes an unterschiedlichen Orten erklingen zu lassen. Daneben bringt ein tiefliegender fünfstimmiger Teilchor den Lobgesang des Simeon (Lukas 2, 29 ff.) zu Gehör: “ Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, wlechen du bereitet hast vor allen Völkern, ein Licht, zu erleuchten die Heiden, und zum Preis deines Volks Israel”.

Die Deutschen Sprüche von Leben und Tod sind ein Spätwerk des Südtirolers Leonhard Lechner (1553-1606), in denen sein individueller Charakter als Komponist von Chormusik in der Zeit des Wechsels von der Renaissance zum Barock deutlich wird. Schon früh war Lechner als Musiker (Sänger und Kapellmeister) und Komponist anerkannt. Sein Stil steht unter dem Einfluss der Schule Orlando di Lassos und dessen Kenntnissen italienischer Musik, die er auf einer Reise durch Italien sammelte.
In den Deutschen Sprüchen von Leben und Tod vertont Lechner eine frühbarocke Dichtung des damals erst 17-jährigen G. R. Weckherlin. In ihnen wird zunächst auf prägnante Weise die Vergänglichkeit des Lebens beschrieben, um in den letzten fünf Strophen schließlich auf die Beständigkeit Gottes in der unbeständigen Welt hinzuweisen. Der Text wird jeweils in nur wenigen Takten musikalisch vermittelt. So wird die Motette quasi zum musikalischen Aphorismus.

Zvi Avni ist einer der führenden zeitgenössischen israelischen Komponisten. 1927 in Saarbrücken geboren, wuchs er überwiegend in Israel auf und erhielt dort und in den USA seine musikalische Ausbildung. Seit 1971 lehrte er Komposition und Theorie in Jerusalem. Seine Interessensschwerpunkte sind u.a. elektronische Musik, neotonale Kompositionsweise und jüdische Mystik. Er schuf Werke für verschiedenste Besetzungen. Textgrundlage der vom Kronenchor dargebotenen Komposition Avnis ist ein in das Hebräische übertragenes Haiku des japanischen Lyrikers und Malers T.Buson (1715-1783). Ein Haiku ist ein dreizeiliges Kurzgedicht. Es führt den Leser über die ersten beiden Zeilen, die meist eine Situation in der Natur andeuten, so weit, dass er bereit für die letzte Zeile ist, die ihn blitzartig in die Wirklichkeit führen soll.

Wind von Westen
(ruach mima´arav)
Fallende Blätter
(alei galechet)
Häufen sich im Osten an.
(ne´eramim bamisrach)

Die Komposition Avnis besteht aus zwei homophonen Teilen (Text der ersten Zeile), die einen polyphonen Teil (Text der zweiten und dritten Zeile) umschließen. Dessen auskomponierter Mittelteil mit sich imitierenden Motiven wird wiederum eingerahmt von zwei frei zu gestaltenden Kanons, durch die sich bewegende Cluster von unterschiedlicher Intensität entstehen.



Das 15. Projekt des Kronenchors